Klassifikationen

Dystonie Klassifikation

Hier erfährst Du etwas über die beschreibungsrelevante Einteilung von Dystonien

#Isolierte Dystonie #Kombinierte Dystonie #Komplexe Dystonie #Dystone Plateauphase #Monogenetisch #Multifaktoriell #Infantil/Juvenil/Adult #persistierend #intermittierend #paroxymal  #progredient #regredient #phasisch #tonisch #fixiert #ICD-10

3.2.1 Dreigliedrige Klassifizierung


Aus zwei mach' drei:

Isolierte, kombinierte und komplexe Dystonie


Dystonie ist nicht gleich Dystonie!

Oder: Dystonie, als hirnorganisch verursachte hyperkinetische Bewegungsstörung, ist eine Erkrankung (oder ein Symptom einer anderen Erkrankunge) mit wenigstens 1.000 Gesichtern.


Damit zuvorderst Wissenschaftler*innen, Mediziner:innen und Therapeut:innen sich über Dystonie zum Wohle der Betroffenen, jedoch auch zur Entwicklung neuer Behandlungsmethoden, national wie international austauschen können, bedarf es zunächst einer erkrankungsbezogenen Klassifizierung, denn, wie geschrieben, Dystonie ist eben nicht gleich Dystonie.


Hinzu kommt, dass eine konsentierte, also international weitgehend abgestimmte Klassifizierung einer Erkrankung, so auch der Dystonie, ihrer Diagnose und schließlich auch lindernden Therapie dienlich ist.


Seit 2013 werden Dystonien wie folgt gegliedert:


  • Isolierte Dystonien eigenständige Erkrankung

monogenetischen Ursprungs


  • Kombinierte Dystonien Krankheitssymptom

genetische Veranlagung plus Auslöser


  • Komplexe Dystonien klinisches Syndrom

(mono)genetische Dystonie plus wenigstens ein weiteres Syndrom


Die Unterteilung in primäre Dystonien (Dystonien als eigenständige Erkrankungen) und sekundäre Dystonien (Dystonien als Symptom anderer Erkrankungen) verliert damit zunehmend an Bedeutung.

3.2.2 Alterabhängige Entwicklung

Abbildung: Deuschl/Oertel/Poewe (Hrsg.): Parkinson-Syndrome und andere Bewegungsstörungen.

Thieme 2020, S. 681.

Dystonien können in jedem Alter auftreten. Folgende Grundsätze haben sich mit Bezug zur Entwicklung einer Dystonie jedoch herauskristallisiert:


  • Bei Erwachsenen beginnt eine Dystonie grundsätzlich zumeist am Hals, im Gesicht oder, wenngleich nicht ganz so häufig, an einer Hand. Von dort breiten sich dystone Symptome auf benachbarte Körpersegmente aus. Eher selten entwickeln sich daraus Generalisierte Dystonien.


  • Bei Kindern beginnt eine Dystonie grundsätzlich an einem Fuß, mitunter auch an einer Hand. Von dort breitet sie sich dann zumeist über den gesamten Körper aus. Eine Betroffenheit des Kopfes kann, muss sich jedoch nicht ergeben.


  • Die ersten fünf Jahre nach Auftreten der ersten Symptome sind maßgebend, was die Entwicklungsprognosen anbelangen. In den meisten Fällen ist dann eine sogenannte "dystone Plateauphase" erreicht, will heißen, dass sich die Dystonie von sich aus nicht mehr wesentlich verändert. Davon unbenommen können jedoch Alterungsprozesse aller Art, seien es Wachstum oder altersbedingte Degeneration, den Verlauf einer Dystonie negativ beeinflussen. Selbiges gilt für das zusätzliche Auftreten anderer Erkrankungen.


Von den Grundsätzen unbenommen kann es auch Ausnahmen gegeben, die sodann die zuvor dargelegten Grundsätze bestätigen.

Die Klassifikation von Erkrankungen erfolgt keineswegs willkürlich. Im Gegenteil Nosolog*innen befassen sich professionell mit der medizinischen Einteilung und systematischen Beschreibung von Erkrankungen.

Eine erkrankungsbezogene Klassifikation der Dystonien, also der strukturierte Verbund von Kategorien, ist sehr komplex. Folgende Kategorien erscheinen indes wesentlich:


  • Ätiologie (Ursprung)
  • isoliert, kombiniert versus komplex
  • (mono)genetisch versus multifaktoriell (idiopathisch)
  • familiär versus sporadisch
  • autosmal dominat versus autosomal-rezessiv


  • Manifestation (Erstauftreten)
  • infantil (<12)
  • juvenil (13-20)
  • adult (>20)


oder - in diagnoserelevant verfeinerter Form (vgl. Albanese et al; 2013)


  • Säuglingsalter (Geburt bis zwei Jahre) 
  • Kindheit (drei bis zwölf Jahre) 
  • Jugendalter (13-20 Jahre) sowie im 
  • frühren Erwachsenenalter (21-40 Jahre)
  • späten Erwachsenenalter (älter als 40 Jahre)


  • Topologie (Verteilungsmuster)
  • generalisiert
  • segmental
  • halbseitig (hemi)
  • multifokal
  • fokal


Darüber hinaus verwenden Mediziner*innen und Therapeut*innen im Zusammenhang mit Dystonie mitunter folgende Be- bzw. Zuschreibungen:


  • Verlaufsrhythmus
  • persistierend (dauerhaft)
  • intermittierend (phasenweise)


  • Verlaufsform
  • paroxymal (anfallsartig)
  • progredient (fortschreitend)
  • regredient (rückschreitend)


  • (Über)Bewegungsform
  • zitternd (Tremor)
  • zuckend (Myoclonus)
  • kämpfend (Crampi)
  • drehend/schraubend
  • wurmartig (athetotisch)


  • Muskelfehlspannung
  • phasisch
  • tonisch
  • fixiert

Bei Erkrankungen und körperlichen Beeinträchtigungen ist Statistik das Eine, unterschiedliche Ursachen, Formen und Arten sind das Andere. Für Erstere steht bei Dystonie die ICD-Klassifizierung. Für Zweitere - also zur systematischen Beschreibung der Bewegungsstörung - fachlich abgestimmt (noch) nicht.

  • ICD-10 – 10. Fortschreibung
  • ICD-10-GM – German Modification

Dystonie und Datenschutz

Geheimsprache der Medizin ...


In Deutschland wird der medizinische Datenschutz groß geschrieben. Zu Recht! Dennoch müssen sich Ärzt:innen, Therapeut:innen, Pharmazeut:innen und Kostenträger:innen über eine erkrankte Person fundiert zwecks deren ambulanter und stationärer Behandlung austauschen können; national wie international. Letzteres zum Beispiel, wenn jemand im Urlaub oder auf einer Dienstreise außer Landes akut erkrankt oder als chronisch erkrankte Person einer Behandlung bedarf.


Grundlage dieses "medizinischen Austausches" ist, weltweit, der "ICD-Code" (engl. International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems/dt. Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme). In Deutschlands kommt aktuell der "ICD-10-GM" zur Anwendung. "10" steht für die "zehnte Version", "GM" für "German".


Gesicherte hyperkinetische Erkrankungen und Bewegungsstörungen sind in den Kapitel G20-26 gelistet, wobei Dystonie (und seine verschiedenen Arten) im Unterkapitel "G24.-Dystonie" geführt wird (siehe Abbildung). Das "G" steht für "gesicherte Diagnose", stünde vor den Ziffern ein "V", würde damit zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine "Verdachtsdiagnose" handelte.


Wenn Du also nächstes Mal ein Rezept, eine Krankschreibung, eine Überweisung oder einen Befundbericht in den Händen hältst, schaue einfach mal genau hin, und Du wirst feststellen, wie mit wenigen Buchstaben und Ziffern sehr viel über Dich gesagt wird. Die "Geheimsprache" in der Medizin ...

Erkrankungen und gesundheitliche Beeinträchtigungen werden international aus statistischen Gründen mit einem ICD-Code verschlüsselt, wobei ICD für International Classification of Diseases steht.

Bei Erkrankungen und körperlichen Beeinträchtigungen ist Statistik das Eine, unterschiedliche Ursachen, Formen und Arten sind das Andere. Für Erstere steht bei Dystonie die ICD-Klassifizierung. Für Zweitere - also zur systematischen Beschreibung der Bewegungsstörung - fachlich abgestimmt (noch) nicht.

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