In der Medizin steht der Begriff "Rehabilitation" grundsätzlich für "medizinische und soziale Wiederherstellung". Mit Bezug zu chronisch-progredienten Erkrankungen oder Behinderungen ist der Begriff weiter zu fassen, geht es dort vielfach um Erhalt oder die Verbesserung körperlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie die Linderung von körperlichen und seelischen Erkrankungs- und/oder Behinderungsauswirkungen.
Eine neuzeitliche Definition für Rehabilitation findet sich sodann im Technical Report 668/1981 der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Dort heißt es: „Rehabilitation umfasst den koordinierten Einsatz medizinischer, sozialer, beruflicher, pädagogischer und technischer Maßnahmen sowie Einflussnahmen auf das physische und soziale Umfeld zur Funktionsverbesserung zum Erreichen einer größtmöglichen Eigenaktivität zur weitestgehenden Partizipation in allen Lebensbereichen, damit der Betroffene in seiner Lebensgestaltung so frei wie möglich wird.“.
Mit Blick auf das Erwerbsarbeitsleben gilt in Deutschland mit Bezug zu Erkrankung und Behinderung der sozialgesetzliche Grundsatz Nr. 1 "Rehabilitation vor Rente". Dies bedeutet wiederum, dass vor Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente die Rehabilitationstragenden durch geeignete Maßnahmen der Rehabilitation gehalten sind, den Eintritt einer Behinderung einschließlich und/oder chronischen Krankheit und eine daraus resultierende Verrentung zu vermeiden.
Mit Bezug zur Selbständigkeit Erkrankter kommt für Versicherte der sozialgesetzliche Grundsatz Nr. 2 der Gesetzliche Krankenkassen hinzu, der da lautet: „Rehabilitation vor Pflege“.
"Work in progress!" ...
"Work in progress!"
Dystonie und „Medizinische Rehabilitation“
Bedeutung ganzheitlicher Neurorehabilitation
Die meisten Dystoniebetroffenen bedürfen einer intensiven medizinischen Befassung. Gesundheitsförderlich und damit die Lebensqualität verbessernd oder erhaltend, können Maßnahmen der ambulanten oder stationären „Medizinischen Rehabilitation“ sein. In diesen werden über mehrere Wochen intensive therapeutische Anwendungen unterschiedlichster Art unterbreitet.
Zwischen zwei Maßnahmen der „Medizinischen Rehabilitation“ liegen in der Regel vier Jahre. Bei umfassenden Beeinträchtigungen und ärztlich begründetem Bedarf kann dieser auf zwei Jahre verringert werden. In seltenen Fällen ist sie jährlich durchführbar. Antragstellende sind die Dystoniebetroffenen selbst. Haus- und Fachärzt:innen beraten und unterstützen bei Bedarf regelmäßig gerne. Genehmigend und kostentragend sind, im Regelfall, die Krankenkassen.
Für Dystoniebetroffene empfiehlt sich aus medizinischer Sicht grundsätzlich eine "ganzheitliche Neurorehabilitation". Die Betonung liegt dabei auf ganzheitlich! Die medizinisch-körperliche Befassung genießt zwar therapeutischen Vorrang. Bedeutsam, so die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse, sind jedoch auch psychosoziale Angebote, die darauf abzielen, die seelischen Folgen einer Dystoniebetroffenheit in den Fokus zu nehmen sowie dem Abbau bzw. der Bewältigung von Ängsten; – seinen sie begründet oder auch nicht.
Was therapiebedürftige Ängste anbelangt, ist zum einen zwischen „funktionsbezogenen motorischen Ängsten“ sowie „funktionsdefizitären seelischen Ängsten“ zu unterscheiden.
Bei „funktionsbezogenen motorischen Ängsten“ handelt es sich etwa um Sturzangst, die Angst nicht mehr sitzen zu können, was sich unter anderem auch auf Toilettenhygiene und Körperpflege auswirkt, oder die Sorge die Nahrungszubereitung und Nahrungsaufnahme nicht mehr selbsttätig bewältigen zu können.
Bei „funktionsdefizitären seelischen Ängsten“ handelt es sich z.B. um Furcht und Scham vor Beobachtung durch Dritte, aufgrund von fortwährenden unwillkürlichen Bewegungen oder ob bizarrer Körperhaltungen. Hinzu kommen Furcht und Scham vor der Nutzung von Hilfsmitteln, insbesondere Gehilfen, Rollatoren und Rollstühle.
Eine potenziell hochwertige „Neurorehabilitation“ für Dystoniebetroffene zeichnet sich dadurch aus, dass sie ein ausgewogenes Angebot an medizinisch-therapeutischen sowie sozialpsychologischen Angeboten zu unterbreiten vermag. Das Verhältnis sollte, so die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse, hälftig bzw. ausgewogen sein, da die Lebensqualität von Dystoniebetroffenen sowohl von ihrem körperlichen, gleichsam jedoch auch seelischen Zustand abhängt (vgl. Bradnam, Lynley et al, 2020: Neurorehabilitation in dystonia: a holistic perspektive. Wien. Springer-Link).
Erinnernde Hinweise
Bei Dystonie.Online handelt es sich um eine selbsthilfebasierte, weitgehend allgemeinsprachliche Beschreibung von Dystonie und jener Aspekte, die mit dieser Bewegungsstörung im Zusammenhang stehen bzw. stehen können. Demgemäß zielt diese Website nicht auf eine wissenschaftliche Allumfasstheit ab. Davon unbenommen bin ich für jedwede Anregungen und Ergänzungen dankbar!
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