Der Begriff "Selbsthilfe" steht dafür, dass sich Menschen in vergleichbaren Situationen, mit ähnlichen Bedürfnissen, zusammenschließen, um einander zu unterstützen.
Es gibt individuelle und institutionelle Selbsthilfe. Erstere steht für lose Zusammenschlüsse einander unterstützender Personen. Bei Zweiteren handelt es sich um zumeist vereinsrechtlich organisierte Gruppen in Form von Vereinen und Verbänden.
Die Selbsthilfe befindet sich in Deutschland seit rund zehn Jahren im Umbruch. Dies betrifft auch die Selbsthilfe rund um Dystonie.
Dies liegt einerseits an der demographischen Entwicklung. So steigt das Durchschnittsalter der Bevölkerung unaufhaltsam.
Andererseits lasst sich der Umbruch auch mit der zunehmenden Individualisierung unserer Gesellschaft begründen, die Ehrenämtern im Allgemeinen sowie in der Selbsthilfe im besonderen entgegenstehen.
Veränderungen in der Bildungslandschaft, etwa das G12-Abitur, Nachmittagsunterrichte sowie der "Bolognaprozess" an den (Fach)Hochschulen, zollen gleichsam ihren selbsthilfebezogenen Tribut.
Selbiges gilt für Veränderungen in der Arbeitswelt. Wer kann und mag sich schon von jenen noch ehrenamtlich engagieren, die neben ihrem eigentlichen "Broterwerb" noch weitere "Jobs" annehmen müssen, um auskömmlich Leben zu können.
Überdies entwickeln sich Organisationen weg von starren, hierarchischen Strukturen hin zu flexiblen Netzwerken mit flachen Hierarchien. Mangelnde Übung im Leiten von Netzwerkstrukturen sowie die damit einhergehende Angst vor Machtverlust zahlreicher Verantwortungstragenden in der "traditionellen Selbsthilfe" erschweren zudem das Selbsthilfegeschäft der Gegenwart.
Nicht zuletzt ist es die Digitalisierung, insbesondere des Sozialen, das Umorientieren der jüngeren Generationen weg von der realen, hin in die virtuelle Welt, was die "traditionelle Selbsthilfe" überalternd zurückzulassen droht.
Schließlich verweigert sich die "ältere Selbsthilfegeneration" einer digitalen Anpassung, auch wenn sie "begleitet" angeboten wird. Zu etabliert und bequem, "das Alte" einerseits. Zu fremd und angstbehaftet "das Neue" anderseits.
Selbsthilfe ist nach wie vor unverzichtbar. Unverzichtbar ist jedoch auch ihre Anpassung an eben dieser sich verändernde Welt. Oder anders formuliert: Die Selbsthilfe braucht nun selbst Hilfe!
Mit der Corona-Pandemie hat sich der organisatorische Umbruch in der Selbsthilfe, völlig themenunabhängig, beschleunigt. Mit dem Wegfall von Präsenz-Tagungen und -Konferenzen sowie dem regelmäßigen Treffen von Selbsthilfegruppen, einergehend mit der mangelnden Bereitschaft bzw. Übung der Selbsthilfeverantwortlichen, auf digitale Medien der regelmäßigen Kommunikation auszuweichen, hat das "Sterben" der "traditionellen Selbsthilfe" wohl unaufhaltsam eingesetzt.
Mitgliedermagazine, Broschüren und Flyer in Papierform weichen zunehmend digitalen Informationsangeboten im Internet und den Sozialen Medien. Überall bekommt man alles schnell; einziger Haken, mal mehr, mal weniger aktuell ...
Überleben dürften jene, die sich real wie digital aufstellen und beides attraktiv und zukunftsfähig miteinander kombinieren.
Erinnernde Hinweise
Bei Dystonie.Online handelt es sich um eine selbsthilfebasierte, weitgehend allgemeinsprachliche Beschreibung von Dystonie und jener Aspekte, die mit dieser Bewegungsstörung im Zusammenhang stehen bzw. stehen können. Demgemäß zielt diese Website nicht auf eine wissenschaftliche Allumfasstheit ab. Davon unbenommen bin ich für jedwede Anregungen und Ergänzungen dankbar!
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